Künstliche Intelligenz als historische Chance zur Etablierung neuer Geschäftsmodelle

Von D. Niederhaus und Dr. G. Volkenandt

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) bietet ohne Zweifel außerordentliche Chancen, birgt dabei jedoch auch einige Risiken. Wie immer bei strategisch relevanten Themen kann man den Einsatz auf unterschiedliche Art und Weise vorantreiben; diese hängt in erster Linie von den eigenen Ambitionen, der Vorstellungskraft und den erforderlichen Kenntnissen über künstliche Intelligenz ab:

1) Man kann in der Digitalisierung vorhandene Prozesse mit Mitteln der künstlichen Intelligenz verbessern, in manchen Fällen lassen sich Teilprozesse damit überhaupt erst digitalisieren.

2) Ebenso lassen sich Produkte durch den Einsatz von KI schrittweise verbessern, möglicherweise können einzelne Produkteigenschaften erst durch den Einsatz von KI überhaupt angeboten werden.

3) Allerdings gehört der Einsatz von KI auch zu den strategischen Fähigkeiten, mit deren Hilfe neue Geschäftsmodelle möglich werden.

Einige strukturell erfassbare Einsatzmöglichkeiten lassen sich sicher aus der IT-Organisation heraus identifizieren. In vielen Fällen ist allerdings auch das Management der Geschäftsbereiche gefragt. Insbesondere GeschäftsmodellInnovationen erfordern eine starke BusinessPerspektive. Der Einsatz von KI bietet Potenziale in allen Bereichen, vom Vertrieb über die Produktion und Logistik bis hin zu den unterstützenden Funktionen wie Personal und Rechnungswesen. Und alle Bereiche haben ein Geschäftsmodell, wie auch das Unternehmen insgesamt.

Viele konservative Unternehmen konzentrieren sich auf die Prozessverbesserung durch den Einsatz von KI. Wenige sind in der Lage, sich den eigentlichen Herausforderungen zu stellen und über neue Geschäftsmodelle nachzudenken. Dabei sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Was bisher in der Digitalisierung ein „Show-Stopper“ war, kann nun ganz neue Lösungsansätze ermöglichen. Beispielsweise sind „unvollständige“ Daten mit Mitteln der KI viel einfacher verarbeitbar; natürlich nicht ganz ohne Risiken.

Viele konservative Unternehmen wollen auch nur in Lösungen investieren, wenn diese sich am Markt bereits bewährt haben. Dabei wird bewusst in Kauf genommen, nur wenig Chancen darauf zu haben, besser als der Durchschnitt zu werden, denn die Besten werden immer bereits einen Schritt weiter sein. Hinzu kommt, dass wir es im Bereich KI mit einer einzigartigen globalen Entwicklung zu tun haben. Ein großer Teil der Erfolge im Bereich der KI geht auf Entwicklungen der Open-Source-Communities zurück. Tensorflow beispielsweise wäre zwar ohne Google/Alphabet nicht so schnell aus dem Nischendasein herausgekommen, doch die globale Community hat die Entwicklungsbibliothek erst zu dem Erfolg und der Entwicklungsgeschwindigkeit geführt, die sie heute hat. Nie hat es so viele Entwickler gleichzeitig gegeben, die an der Weiterentwicklung von Frameworks arbeiten und denen wir die wesentlichen Fortschritte im Bereich der KI verdanken. Das Learning daraus: Wartet man als Unternehmen darauf, dass eine Lösung als „marktgängig“ angesehen wird, dann ist sie bereits wieder veraltet. Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist deutlich höher als in allen anderen Technologiebereichen.

Man kann als Unternehmen daher KI in den „allgemeinen Digitalisierungstopf“ werfen, dann soll sich die IT darum kümmern, dass das Know-how schrittweise aufgebaut wird und weiterhin – wie gehabt – die Business Cases der Digitalisierung gemeinsam mit den Geschäftsverantwortlichen verfolgen.

Man kann als Unternehmen allerdings die KIEntwicklung auch als historische Chance annehmen und die Weiterentwicklung modifizierter und neuer Geschäftsmodelle vorantreiben. Dieser Ansatz erfordert von allen Verantwortlichen viel mehr Einsatz und Kreativität, denn es geht dann um neue Strategien, nicht mehr nur um die schrittweise Weiterentwicklung von Prozessen. Einsatz und Kreativität sind deshalb gefragt, weil man nicht nur nachmachen, sondern selbst denken muss – das ist naturgemäß die anstrengendste Arbeit und selten wirklich geübt in Unternehmen.

  • Beispiele sind dazu hilfreich – auch aus anderen Branchen.
  • Machbarkeit spielt eine große Rolle: Welche Art von Lösungen und Geschäftsmodellen sind machbar mit KI?
  • Die Grenzen müssen verstanden sein Warum gibt es welche Grenzen
  • Entwicklungen muss jeder selbst einschätzen lernen, weil sich Experten auch nicht einig sind – Was wird sich bis wann durchsetzen .. und warum
  • Risiken müssen antizipiert werden können.

Das sind alles strategische Kompetenzen, die es gilt, hinsichtlich des Potenzials der KI zu sensibilisieren und zu trainieren.

Tatsächlich bedeutet dies aber ein Paradigmenwechsel im Management, es bedeutet nämlich, dass die strategischen Herausforderungen auf allen Ebenen angenommen werden müssen. Weil ein Unternehmen nicht nur ein Geschäftsmodell hat, sondern auf jeder Ebene jeder Verantwortungsbereich ein Geschäftsmodell hat und in jedem Bereich Potenziale für Geschäftsmodell-Innovationen stecken können, muss auch das Middle-Management „enabled“ werden, solche Potenziale zu entdecken und Initiativen zur Umsetzung voranzutreiben. Bei allem Respekt vor der Manager-Leistung in vielen Unternehmen: innovativ sind die wenigsten. Deshalb liegt es für viele auch so nah, KI wieder nur als eine weitere „Technologie“ anzusehen, um die sich Experten kümmern sollten. Sie verkennen das disruptive Potenzial und verschlafen die Chancen, die sich nur die zukünftigen Marktführer erarbeiten werden.

Hinzu kommt die Komplexität realer Geschäftsmodelle und die Veränderungen in ihrem Umfeld, denen sich Unternehmen heute stellen müssen: vom Klimawandel bis zu New-Work ist das Feld der Einflussfaktoren auf Geschäftsmodelle nicht kleiner geworden.

Um KI als geschäftsmodellverändernden Faktor zu verstehen, muss man

  • die strategische Herausforderung (wie verändern sich ganze Branchen durch den Einsatz von KI an Beispielen?),
  • die Möglichkeiten und die Grenzen des Einsatzes von KI (auch vor dem Hintergrund von Akzeptanz und Regulierung),
  • die funktionsverändernden Elemente (welche strukturell neuen Lösungen und Einsatzgebiete verspricht der Einsatz von KI?),
  • die Anforderungen an eine neue Positionierung mit und durch den Einsatz von KI (was sind eigentlich echte Geschäftsmodell-Innovationen?) und
  • die Voraussetzungen an eine Neupositionierung mit und durch den Einsatz von KI (Voraussetzungen in der Organisation, der Führungskultur und der Innovationsmotivation)

verstanden haben. Genau darum geht es uns daher. Je intensiver eine Diskussion dazu wird, desto besser ist es. Denn viele deutsche Unternehmen wollen zwar KI einsetzen, aber eigentlich nur, um das, was sie bereits gut machen, noch besser zu machen. Offensichtlich werden dann andere Unternehmen die Spielregeln im Markt verändern.

Wer immer noch nicht begriffen hat und auch nicht begreifen will, dass sich die Denkweise ändern muss und KI dazu eine große Chance bietet, dem können wir wohl auch nicht helfen. Wer aber selbstkritisch genug die Zeichen der Zeit erkennt und Lust hat, die Zukunft nicht nur nach alten Regeln zu gestalten, dem helfen wir gern dabei – nicht nur durch Impulsvorträge, Moderation kritischer Diskussionen und Herausforderung/Sparring, sondern auch durch Projektbegleitung, Projekt-Governance und beim Change-Management. Denn eines ist sicher: der Change, der von allen Beteiligten abverlangt wird, ist für viele Betroffene nicht einfach zu bewältigen und bedarf der Unterstützung vom Management.

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